Es ist ein kühler Herbstmorgen, Ihr steht an der großen Wiese am Rande von Bad Hindelang und wartet gespannt, den Blick nach Westen in die Berge gerichtet. Langsam dringt ein Geräusch an Eure Ohren – ein dumpfes Läuten, das immer lauter und lauter wird. Die Spannung steigt – dann taucht sie endlich auf, die Viehherde, angeführt vom prächtig geschmückten Leittier. Die Leiber dampfen in der kalten Morgenluft und bilden einen weißen Nebel, der sich über der Herde erhebt. Ihr bekommt Gänsehaut – so nah dabei zu sein, ist einfach ein atemberaubendes Erlebnis. Das ist der Viehscheid – so wird der Almabtrieb im Allgäu genannt – eine der bekanntesten Allgäuer Traditionen.
Termin Viehscheid in Bad Hindelang
In Bad Hindelang findet der Viehscheid jedes Jahr am 11. September statt und wird von den Einheimischen salopp nur als „d´r Schaid“ bezeichnet. Es ist das größte Fest des Tales, das so sehr mit der Landwirtschaft verbunden ist. Der 11. September gilt in Bad Hindelang als Feiertag. Auch die Schulen geben frei, wenn nicht ohnehin noch Sommerferien sind. Nur wenn der 11. September auf einen Sonntag fällt, wird er auf den vorangehenden Samstag, also den 10. September verschoben.
Im Sommer auf dem Berg, im Winter im Tal
Im Frühsommer jeden Jahres wird das Allgäuer Jungvieh zur „Sommerfrische“ auf die Berge geschickt, wo kraftvolles Futter und frische Luft auf sie warten. Auf der Alpe gesömmertes Vieh gilt als besonders gesund und widerstandsfähig. Dabei unterscheidet man zwischen Galt-Alpen (nur Jungvieh) und Senn-Alpen (Kühe, deren Milch an Ort und Stelle zu Butter und Käse verarbeitet wird). Nach ca. 100 Tagen in den Bergen kehrt das Vieh zusammen mit den Hirten wieder in das Tal zurück und wird dort „geschieden“, d.h. seinem jeweiligen Besitzer wieder zurückgegeben.